Steuerliche Auswirkungen der Produktionsverlagerung aus dem Ausland

Steuerliche Auswirkungen der Produktionsverlagerung aus dem Ausland

Unsere BDO Kollegen in den USA erstellten eine interessante Studie, in der 7 Faktoren definiert sind, die auf eine bedeutende Art und Weise den Erfolg großer international tätiger Unternehmen, sowie die Entwicklung der nationalen Wirtschaften im Jahre 2022 beeinflussen können. Zu diesen Faktoren gehört unter anderem das Bestreben nach einer Senkung der weitgehenden Abhängigkeit von China durch Produktionsverlagerung, das sog.  “Nearshoring“, also Verlagerung betrieblicher Aktivitäten ins nahegelegene bzw. -stehende Ausland.

In der Zeit, als die Lieferketten durch die Covid 19-Pandemie weltweit empfindlich gestört wurden, kann davon ausgegangen werden, dass es zur Produktionsrückverlagerung nicht nur auf dem USA-Gebiet kommen wird.

Mit der Produktionsverlagerung geht die Problematik der Verrechnungspreise Hand in Hand, die als „Funktionsverlagerung“ bekannt ist. Es geht um den Fall, in dem es nicht nur zur Verlagerung von Produktionsmaschinen aus dem Ausland kommt, sondern häufig auch von ganzen Produktionsprogrammen, und zwar unter den Bedingungen, die von einem anderen Unternehmen aus dem Konzern vereinbart wurden, als von dem Unternehmen, das das verlagerte Produktionsprogramm in inländischer Steuerjurisdiktion fortsetzen wird.

In Tschechien erfolgte die Funktionsverlagerung bereits mehrmals in der Vergangenheit. Der Grund für die Verlagerung des Produktionsprogramms war jedoch nicht die Senkung der Abhängigkeit von China, wie es nun der Fall in den USA ist, sondern das Bestreben nach der Erzielung der sog. Verlagerungsersparnisse. Es handelte sich beispielsweise um Fälle, in denen in die tschechische Tochtergesellschaft von der deutschen Muttergesellschaft Produktionsprogramme verlagert wurden, bei denen auf dem Bundesgebiet auf Grund der hohen Produktionskosten der geplante Gewinn nicht mehr erzielt werden konnte.

Die deutsche Steuerverwaltung erlegte in solchen Fällen auf das zu verlagernde Gewinnpotential die sog. Exit Tax auf. Deren Höhe wurde auf Grund der Cash-Flow festgesetzt, die das Produktionsunternehmen generieren würde, wenn die Verlagerung nicht erfolgen würde.

In der Praxis gab es Fälle, in denen deutsche Muttergesellschaften die Pflicht die Exit-Tax zu entrichten auf tschechische Tochtergesellschaften übertrugen, und zwar in Form von Lizenzgebühren. Der Grund für so eine Vorgehensweise war die Tatsache, dass die tschechischen Steuervorschriften keine konkrete gesetzliche Bestimmung enthalten, die regeln würde, wie die Wegzugsbesteuerung in der Steuergrundlage zu berücksichtigen ist, wenn sie Bestandteil des Preises für das verlagerte Produktionsprogramm war.

Für Zwecke der Verrechnungspreise ist es unentbehrlich, dass das Unternehmen, das das Produktionsprogramm fortsetzen wird, im Stande ist nachzuweisen, dass die Preise, für die es die Produktionsanlagen erwarb, den Fremdvergleichsgrundsatz befolgen. Bei Lizenzgebühren ist dann nachzuweisen, was deren Wesen ist und welchen Vorteil sie bringen. Wenn das Unternehmen das Produktionsprogramm nur fortsetzt, ohne dass es im Stande ist die Preise zu ändern, die von der zu verlagernden Gesellschaft mit dem Endkunden vereinbart wurden, für den die Produkte hergestellt werden, kann der Nachweis des Vorteils aus der entrichteten Lizenzgebühr problematisch sein.

Für die richtige Behandlung des Falls ist es nötig zuerst das Vertragsverhältnis richtig zu definieren, auf Grunde dessen das Produktionsprogramm verlagert wird. Weist das Vertragsverhältnis Merkmale von einer Teilunternehmensverlagerung auf, hat das tschechische Unternehmen, das sich an der Transaktion beteiligt, nach den geltenden tschechischen Buchhaltungs- und Steuervorschriften zu verfahren.

Im Falle der Verlagerung eines Unternehmensteiles geben die tschechischen Buchhaltungsvorschriften die Möglichkeit zu wählen. Der Mehrwert des zu verlagerten Teiles des Produktionsunternehmens, der in zu übertragenden Kontrakten besteht, deren Wert in Aktiva der übertragenden Gesellschaft nicht ausgewiesen wurde, kann bei der empfangenden Gesellschaft in Form der Bewertungsdifferenz beziffert werden. Die Höhe der Bewertungsdifferenz ist als der Unterschied zwischen dem Preis für das verlagerte Produktionsprogramm, den die empfangende Gesellschaft zahlte, und der Summe der Restwerte der zu übertragenden Produktionsanlagen, bzw. anderer in der Buchhaltung der ausländischen verlagernden Gesellschaft ausgewiesenen Vermögensgegenstände, zu ermitteln.

Die zweite Möglichkeit ist der Gebrauch von Goodwill. Es handelt sich um die Differenz zwischen der individuellen Neubewertung der einzelnen zu verlagernden Produktionsanlagen, die von dem Empfänger des Produktionsprogramms vorgenommen wurde, und dem Preis, der für das zu verlagernde Produktionsprogramm bezahlt wurde. Gehen wir davon aus, dass die Preise der Produkte des verlagerten Produktionsprogramms unverändert bleiben sollen, da der Gewinn aus der Produktionsverlagerung durch Kostensenkung erzielt werden soll, kann der Empfänger des Produktionsprogramms in Beweisnot geraten.

Stellen wir uns ein Produktionsunternehmen vor, das ganz von der Muttergesellschaft beherrscht ist und die die Verlagerung eines Unternehmensteiles beschlossen hat. Im Laufe der Jahre, während denen die empfangende Gesellschaft das Produktionsprogramm fortsetzen wird, kommt es zum Anstieg von Energiekosten oder des Personalaufwands. Um beweisen zu können, dass gerade diese Kosten, bei denen das Marktrisiko der Preisvereinbarung die empfangende Gesellschaft trägt, der Grund dafür waren, dass kein Verlagerungsersparnis erzielt wurde, wird es nötig sein die Kosten vor und nach der Produktionsprogrammverlagerung zu vergleichen. Wird Gebrauch von Goodwill gemacht, werden die Abschreibungen der verlagerten Produktionsanlagen auf eine andere Art und Weise berechnet, als wenn das Produktionsprogramm nicht verlagert worden wäre. Diese Tatsache macht die Analyse der Abweichungen von dem geplanten Kostenersparnis unübersichtlich.  

Die Unfähigkeit des Empfängers des Produktionsprogramms die Verantwortung für die Gründe der durch das verlagerte Produktionsprogramm generierte Verluste nachzuweisen, kann im Falle der Steuerprüfung zu dem Schluss führen, dass dem Unternehmen, das die verlustbringende Produktion fortsetzt, ein Preisausgleich seitens der beherrschenden Gesellschaft gewährt werden sollte, die die Produktionsprogrammverlagerung beschloss, da sie durch ihren Beschluss der die Produktion fortsetzenden Gesellschaft, einen Verlust hinzufügte.

Den Unternehmen, an die ein Produktionsprogramm aus einem anderen Land verlagert werden soll, empfehlen wir rechtszeitig die Problematik mit Steuerberatern und Experten für Verrechnungspreise in beiden betroffenen Steuerjurisdiktionen zu besprechen. Nur so kann vermieden werden, dass die im Land des Verlagernden des Produktionsprogramms entrichtete Exit-Steuer zum zweiten Mal im Land des Empfängers besteuert wird, da deren Art und Höhe nicht als steuerlich absetzbare Kosten akzeptiert werden.

Mit den Auswirkungen der Vereinheitlichung der Körperschaftssteuer auf 15 % bei multinationalen Unternehmen, die als technische Marktführer gelten, sodass diese Unternehmen motiviert sind, ihr Knowhow in die nationale Jurisdiktion zurückzukehren in Verbindung mit Verrechnungspreisen werden wir uns das nächste Mal in Zukunft befassen.