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Entwurf der „Unshell“-Richtlinie der EU gegen die Missbräuchliche Nutzung von Briefkastenfirmen

Im Dezember 2021 veröffentlichte die Europäische Kommission einen Richtlinienentwurf, die Regeln gegen die steuerlich missbräuchliche Nutzung sog. Briefkastenfirmen festlegt (Unshell-Richtlinie). Im Fokus der Richtlinie stehen „shell entities“, also Unternehmen, die ohne ein Mindestmaß an Substanz zum Erlangen von Steuervorteilen missbraucht werden. Diese substanzlosen Unternehmen werden keine Steuervorteile aus Doppelbesteuerungsabkommen und den EU-Richtlinie geltend machen können.

 

Meldepflicht

Ein Unternehmen gilt als „Briefkastenfirma“, wenn es folgende drei Kriterien erfüllt. Es unterliegt einer Informationspflicht gegenüber den Finanzbehörden und hat im Rahmen der jährlichen Steuererklärung Angaben zu seiner Substanz offenzulegen:

  • mehr als 75 % der Gesamteinnahmen des Unternehmens für die letzten zwei Geschäftsjahre sind passive Einkünfte (Dividenden, Zinsen, Lizenzgebühren, Mietzinsen u. ä.),
  • die Einnahmen werden überwiegend im Rahmen grenzüberschreitender Geschäfte erzielt, 
  • die Verwaltung des Tagesgeschäfts sowie die Entscheidungsfindung hinsichtlich wichtiger Funktionen wurden in den letzten zwei Geschäftsjahren ausgelagert.

In der Steuererklärung hat das Unternehmen Informationen über folgende Anforderungen an der erforderlichen Mindestsubstanz anzugeben:

  • es hat eigene Geschäftsräumlichkeiten oder das Recht zur exklusiven Nutzung von Räumlichkeiten,
  • es hat mindestens ein eigenes aktives Bankkonto innerhalb der EU,
  • mindestens ein Mitglied des Leitungsorgans oder die meisten Fachmitarbeiter sind unbeschränkt steuerpflichtig in dem jeweiligen EU-Staat.

Die Informationen werden Gegenstand des automatischen Informationsaustausches zwischen den einzelnen EU-Staaten sein. Im Falle der Nichterfüllung der Meldepflicht oder Gewährung von unrichtigen Informationen droht dem Unternehmen eine Sanktion, und zwar bis zu 5 % vom Umsatz für das jeweilige Geschäftsjahr.

 

Folgen der Nichterfüllung der Anforderungen an die erforderliche Mindestsubstanz

Wenn das Unternehmen die o. a. Anforderungen nicht erfüllt, hat es die Möglichkeit der Gegenbeweisführung und kann die Annahme der Finanzverwaltung mit einem Nachweis widerlegen, dass zum einen wirtschaftliche Gründe und nicht die Erlangung eines Steuervorteils für die Einschaltung der Gesellschaft ursächlich sind.

Wenn das Unternehmen die Anforderungen an die erforderliche Mindestsubstanz nicht erfüllt und widerlegt es auch nicht die Vermutung einer substanzlosen Gesellschaft, wird ihm von der Steuerverwaltung keine Ansässigkeitsbescheinigungen für ausländische Zwecke ausgestellt und dem Unternehmen werden künftig keine Vorteile aus DBA und EU-Richtlinien mehr gewährt. Infolgedessen könnten beispielsweise Zahlungen passiver Einkünfte (Dividenden, Zinsen, Lizenzgebühren) von einer tschechischen Gesellschaft an so ein ausländisches EU-Unternehmen einer Quellensteuer von 15 % gemäß dem Einkommen-/Körperschaftssteuergesetz unterliegen.

 

Aktuelle Lage

Im Laufe des Jahres schlug der Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments einige Änderungen vor, einschließlich der Milderung der Anforderung an eigene (nicht ausgelagerte) Verwaltung des Tagesgeschäfts sowie die Entscheidungsfindung hinsichtlich wichtiger Funktionen, Senkung des administrativen Aufwands oder Sanktionen usw. vor.

Der ursprüngliche Entwurf rechnete mit der Anwendbarkeit ab dem 01.01.2024 mit retrospektiven Auswirkungen auf beide Vorjahre (2022 und 2023).

In Hinblick auf mögliche bedeutende Auswirkungen auf internationale Strukturen können weitere Änderungen im Entwurf der Richtlinie oder auch der Aufschub deren Anwendbarkeit (aktuell wird der Aufschub der Anwendbarkeit ab dem 01.01.2025 mit der Einhaltung der retrospektiven Auswirkungen auf 2023 und 2024 erwähnt) nicht ausgeschlossen werden. Mit dem Entwurf der Richtlinie und deren etwaigen Anpassungen sollte sich auch der Rat für Wirtschaft und Finanzen (ECOFIN) befassen. Die nächste Sitzung der Wirtschafts- und Finanzminister ist für Anfang Dezember 2022 geplant.

 

Fazit und Empfehlung

Diese Richtlinie kann bedeutende negative steuerliche Auswirkungen auf internationale Strukturen haben. Haben Sie eine internationale Struktur, sind die steuerlichen Auswirkungen des Richtlinienentwurfs zu prüfen.  

Infolge dieser Richtlinie, aber auch der bereits bestehenden Maßnahmen, kommt es allmählich zur Verschärfung der steuerlichen Bedingungen für substanzlose Unternehmen. Es ist in der nahen Zukunft davon auszugehen, dass diese gar nicht einsetzbar, bzw. nicht steuerlich effektiv einsetzbar werden.  In Hinblick auf die retrospektiven Auswirkungen der Richtlinie auf 2023 und 2024 sind wir der Meinung, dass es gerade jetzt die richtige Zeit für die Prüfung der internationalen Struktur ist.