Nachhaltigkeit wird auch für kleine und mittlere Unternehmen, die bislang nicht unter die Verpflichtungen der CSRD-Richtlinie fallen, zu einem zentralen Thema. Dennoch sehen sie sich immer häufiger mit Anforderungen an ESG-Daten seitens ihrer Geschäftspartner, Banken und Investoren konfrontiert. Als Reaktion auf diese Situation wurde der VSME – Voluntary Sustainability Reporting Standard for SMEs – ins Leben gerufen, ein freiwilliger Rahmen, der es Unternehmen ermöglicht, relevante Informationen ohne übermäßigen Verwaltungsaufwand auszutauschen.
Der Standard wurde von der EFRAG-Gruppe auf Ersuchen der Europäischen Kommission entwickelt und zielt darauf ab, ESG-Berichterstattung auch für die kleinsten Unternehmen zugänglich zu machen. Der VSME ist so konzipiert, dass er die Bedürfnisse von Unternehmen unterschiedlicher Größe – von Kleinstunternehmen bis zu mittelständischen Unternehmen – widerspiegelt und gleichzeitig deren begrenzte Kapazitäten berücksichtigt. Im Rahmen einer öffentlichen Konsultation hat sich gezeigt, dass die Anforderung der doppelten Wesentlichkeit (double materiality) für kleine und mittlere Unternehmen zu komplex und kostspielig ist. Daher wurde sie aus dem Standard gestrichen und durch den Grundsatz „if applicable” ersetzt, der den Unternehmen im Voraus konkrete Situationen definiert, in denen sie zur Veröffentlichung der betreffenden Angaben verpflichtet sind. Dieser Ansatz reduziert die Komplexität der Berichterstattung erheblich und entspricht besser den Möglichkeiten kleinerer Unternehmen.
Gleichzeitig gilt jedoch, dass die Beurteilung der Wesentlichkeit nicht vollständig ausgeschlossen ist. Einige Unternehmen widmen sich weiterhin dieser Aufgabe – beispielsweise wenn sie bereits interne Prozesse eingeführt haben, auf zukünftige Anforderungen vorbereitet sein wollen oder wenn ihre Geschäftspartner dies von ihnen verlangen. In der Praxis kommt es auch vor, dass Unternehmen Themen aufgrund des Drucks von Lieferanten oder Kunden priorisieren. Im Rahmen des VSME ist die Wesentlichkeitsanalyse also nicht obligatorisch, kann aber freiwillig als ergänzendes Instrument genutzt werden.
VSME ist in zwei Module unterteilt. Das Basismodul (Basic Module) ist in erster Linie für Kleinstunternehmen gedacht und stellt die Mindestanforderung für andere kleine und mittlere Unternehmen dar. Dieses Modul bleibt als Einstiegstor für die ESG-Berichterstattung erhalten, wobei die Sprache deutlich vereinfacht wurde. Alle in diesem Modul veröffentlichten Informationen müssen gemeldet werden, sofern sie für das jeweilige Unternehmen relevant sind. Wenn die Umstände des Unternehmens nicht der Situation entsprechen, die die Veröffentlichung bestimmter Daten erfordern würde, ist es nicht notwendig, diese Daten anzugeben. Dieser Ansatz reduziert die Komplexität erheblich und gewährleistet gleichzeitig die Konsistenz zwischen den Unternehmen.
Das erweiterte Modul (Comprehensive Module), früher als Modul für Geschäftspartner bezeichnet, ist für Unternehmen gedacht, die umfangreicheren Anforderungen von Banken, Investoren oder Firmenkunden gegenüberstehen. Es enthält die von den Finanzmärkten geforderten Kennzahlen, wie beispielsweise Indikatoren aus der SFDR (Sustainable Finance Disclosure Regulation), sowie weitere Daten, über die viele mittelständische Unternehmen bereits verfügen. Wie im Basismodul gilt auch hier das Prinzip „if applicable“, was bedeutet, dass das Unternehmen nur die Informationen veröffentlicht, die es tatsächlich betreffen.
Im Rahmen des VSME werden konkrete Daten wie Energie- und Wasserverbrauch oder CO2-Bilanz (mindestens Scope 1 und 2) sowie grundlegende Informationen über die Mitarbeiter gemeldet. Diese Daten erhöhen nicht nur die Transparenz, sondern können auch als Grundlage für die Ermittlung von Einsparpotenzialen und die Verbesserung der betrieblichen Effizienz dienen. Die vereinfachte Sprache des Standards senkt zudem die Einstiegshürde und ermöglicht ein leichteres Verständnis über Unternehmensgrenzen hinweg.
Die Einführung des VSME ist somit ein strategischer Schritt, der Unternehmen dabei hilft, Vertrauen aufzubauen, Risiken zu steuern, den Zugang zu Finanzmitteln zu verbessern und sich gleichzeitig auf zukünftige gesetzliche Anforderungen vorzubereiten. Eine transparente ESG-Berichterstattung stärkt das Vertrauen von Kunden, Investoren und Finanzinstituten. Unternehmen, die Nachhaltigkeitsprinzipien in ihre Strategie und ihren täglichen Betrieb integrieren, können diesen Bereich als Wettbewerbsvorteil nutzen – beispielsweise bei Ausschreibungen oder Audits.
Die Europäische Kommission betont gleichzeitig, dass VSME Unternehmen dabei helfen kann, ihre eigene Nachhaltigkeit besser zu verstehen und so ihre Widerstandsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Bei der freiwilligen Berichterstattung geht es also nicht nur darum, die Erwartungen des Marktes zu erfüllen, sondern auch um die strategische Führung des Unternehmens im Kontext der langfristigen Nachhaltigkeit.
Letztendlich ist VSME nicht nur ein Berichterstattungsinstrument. Es ist ein Rahmen, der Unternehmen hilft, sich im Bereich der Nachhaltigkeit zurechtzufinden, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und sich auf die Zukunft vorzubereiten. Eine kleine Berichterstattung kann eine große Wirkung haben – wenn sie richtig angegangen wird.
Author: Ivona Tajšlová