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Verjährung im Privatrecht

Eine überfällige Schuld stellt in der Unternehmenspraxis eine Komplikation dar, die eine Reihe von faktischen Folgen und Rechtsfolgen mit sich bringt. Beginnt der Gläubiger ihre Forderung nicht rechtszeitig einzutreiben, setzt er sich dem Risiko deren Verjährung und Misserfolgs im etwaigen Rechtsstreit aus.

Dieser Artikel setzt sich zum Ziel die Leser mit der Verjährung im Privatrecht vertraut zu machen. Der Leser findet hier Antworten auf folgende Fragen:

  • Was heißt das, dass die Forderung verjährt ist?
  • Wie lang ist die Verjährungsfrist?
  • Was ist das Schuldanerkenntnis und welchen Einfluss hat es auf die Verjährung?

Die Problematik der Verjährung ist nicht nur in Bezug auf den möglichen relevanten Erfolg (Nichterfolg) im Rechtsstreit wegen der Schuldbezahlung relevant, sondern hat auch bedeutende buchhalterische und steuerliche Auswirkungen.

 

Der Begriff Verjährung

Der Zeitlauf stellt eine bedeutende Rechtstatsache dar, mit der Rechtsregelungen in einer Reihe von Fällen die Entstehung, Änderung oder den Verfall der Rechte und Pflichten verbinden. Eine der Folgen des Ablaufs eines bestimmten Zeitraumes kann es sein, dass die Forderung des Gläubigers verjährt.

Das Bürgerliche Gesetzbuch legt fest, dass sämtliche Vermögensansprüche verjähren, es sei denn das Gesetz legt etwas Anderes fest. Z.B. kann der Anspruch auf die Bezahlung eines bestimmten Betrags auf Grund des abgeschlossenen Vertrags, der Anspruch aus dinglichem Nutzungsrecht und Pfandrecht verjähren. Eigentumsrechte oder Menschenrechte (das Recht auf Leben, das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens usw.) verjähren dagegen nicht.

Das Wesen der Verjährung besteht darin, dass in Folge des erfolglosen Ablaufs der Verjährungsfrist es dazu kommt, dass das Recht des Gläubigers von dem Schuldner die Schulderfüllung zu verlangen, sich abschwächt. Die Gläubiger werden damit motiviert, ihre Angelegenheiten mit den Schuldnern rechtszeitig zu klären.

Die Folge der Verjährung liegt nicht darin, dass die Forderung des Gläubigers verfallen würde, sondern dass sie in die sog. Naturalobligation umgewandelt wird. Naturalobligationen unterliegen dann grundsätzlich keinem Schutz seitens der öffentlichen Gewalt. Mit anderen Worten, die Forderung selbst besteht immer noch, aber es kann nicht mehr vom Organ der öffentlichen Gewalt verlangt werden, dass das Organ dem Gläubiger bei deren Geltendmachung und Eintreibung behilflich sein wird.

In der Praxis heißt es, dass wenn ein Schuldner im Falle eines Gerichtsverfahrens begründet den Einwand der Verjährung erhebt, weist das Gericht die Klage als unbegründet zurück. Entscheidet sich jedoch der Schuldner freiwillig seine Schuld dem Gläubiger zu begleichen, erfolgt seitens des Gläubigers keine unbegründete Bereicherung. In der Praxis heißt es, dass der Schuldner, der dem Gläubiger die Schuld erfüllte, die verjährt war, von dem Gläubiger keine Rückerstattung dieser freiwilligen Leistung verlangen kann.

 

Bedingungen für die Verjährung

Damit festgestellt werden kann, dass die Verjährung eingetreten ist, muss die Verjährungsfrist erfolglos ablaufen. Der erfolglose Ablauf der Verjährungsfrist liegt darin, dass der Gläubiger innerhalb der Verjährungsfrist sein Recht beim zuständigen Organ der öffentlichen Gewalt (in der Regel ein Gericht) nicht geltend machte, wodurch er den Lauf der Verjährungsfrist hemmt. Die Gläubiger müssen daher stets daran denken, dass es nicht genügt den Schuldner selbst auf die überfällige Schuld hinzuweisen, es genügt auch nicht mit der Eintreibung der Schuld ein Inkassobüro zu beauftragen, sondern es ist nötig die Schuldbegleichung vor dem Gericht zu verlangen.

An dieser Stelle ist es wichtig zu erwähnen, dass das Gericht nicht berechtigt ist von sich aus die Verjährung zu beurteilen, aber es muss stets der Schuldner sein, der einwendet, dass das Recht des Gläubigers bereits verjährt ist. Tut der Schuldner dies nicht, ist das Gericht nicht berechtigt, aus eigenem Anlass die Klage zurückzuweisen. Der Einwand der Verjährung selbst hat dann keine vorgeschriebene Form, kann mündlich in der Gerichtsverhandlung geäußert werden oder Bestandteil einer schriftlichen Einreichung an das Gericht sein.

 

Verjährungsfrist

Die Verjährung ist eine Zeitfolge in Form des Ablaufs der Verjährungsfrist. Diese Frist kann allgemein als ein bestimmter Zeitraum definiert werden, binnen dem der Gläubiger seinen Anspruch vor dem Organ der öffentlichen Gewalt geltend machen muss, damit der Lauf der Frist gehemmt wird.

Die Verjährungsfrist ist kombinierter Natur und wird in zwei Gruppen unterteilt:

  • subjektive Verjährungsfrist und
  • objektive Verjährungsfrist.

Der Unterschied zwischen diesen besteht in deren Dauer und in den maßgebenden Tatsachen für deren Beginn.

Die Dauer der subjektiven Verjährungsfrist beträgt allgemein 3 Jahre. Für den Lauf der subjektiven Verjährungsfrist ist es wichtig, dass der Gläubiger wusste oder davon wissen konnte, dass er einen bestimmten Anspruch vor dem Organ der öffentlichen Gewalt geltend machen kann (d.h. beispielsweise, dass der Gläubiger eine bestimmte fällige Forderung hat). Deren Lauf beginnt zu dem Zeitpunkt, in dem der Anspruch vor dem Gericht zum ersten Mal geltend gemacht werden konnte (unter der Voraussetzung, dass der Gläubiger davon wusste oder wissen konnte).

In der Praxis heißt das, dass der erste Tag der subjektiven Verjährungsfrist am häufigsten der Fälligkeitstag der Schuld ist, da zu diesem Zeitpunkt der Anspruch zum ersten Mal vor dem Organ der öffentlichen Gewalt geltend werden kann (in der Literatur wird der Begriff „actio nata“, d. h. Tag an dem „Klage gezeugt wurde“ verwendet).

Die objektive Verjährungsfrist dauert dann in der Regel 10 Jahre, aber unterscheidet sich je nach dem Rechtsgrund, aus dem der geltend machbare Anspruch des Gläubigers entstand. Diese Frist ist nicht von dem Wissen der berechtigten Person (des Gläubigers) abhängig und beginnt grundsätzlich ab dem Tag der Reife der Schuld zu laufen. Die gesetzliche Regelung legt allerdings an vielen Stellen spezielle Regeln für deren Beginn (z.B. im Falle der Entstehung eines Schadens, Nachteils oder des Rechts auf die Herausgabe einer unbegründeten Bereicherung) und deren Dauer (z. B. im Falle eines vorsätzlich zugefügten Schadens oder Nachteils) fest.

In diesem Zusammenhang ist es weiterhin nötig darauf hinzuweisen, dass der Lauf einer Frist den Lauf der anderen nicht bedingt. Die subjektive Verjährungsfrist und die objektive Verjährungsfrist sind voneinander unabhängig. Es gilt jedoch immer, dass der Schuldner berechtigt ist den Einwand der Verjährung je nach dem zu erheben, welche der Fristen früher endete. Das Verhältnis der subjektiven Verjährungsfrist und der objektiven Verjährungsfrist ist nachstehend dargestellt:

  1. Beide Fristen beginnen zum gleichen Zeitpunkt– der Anspruch verjährt mit dem Ablauf der kürzeren von diesen (der subjektiven).
  2. Zuerst beginnt die objektive Frist zu laufen, in deren Rahmen dann die subjektive, die früher endet als die objektive – der Anspruch verjährt mit dem Ablauf der subjektiven Verjährungsfrist.
  3. Zuerst beginnt die objektive Frist zu laufen, in deren Rahmen dann die subjektive, die objektive Frist aber endet früher als die subjektive – der Anspruch verjährt mit dem Ablauf der objektiven Verjährungsfrist.
  4. Es beginnt die objektive Frist zu laufen und endet, die subjektive läuft nicht – der Anspruch verjährt mit dem Ablauf der objektiven Verjährungsfrist.

 

Schuldanerkenntnis

Wie bereits oben erwähnt, ist es möglich auch eine verjährte Schuld zu erfüllen. Gibt es aber Möglichkeiten, wie die Dauer der Verjährungsfrist angepasst, verlängert oder erneuert werden kann? Die Antwort ist einfach: ja, es gibt sie. Eine abweichend lange Verjährungsfrist kann beispielsweise im Vertrag vereinbart werden, oder es ist möglich eine zu Ende laufende oder bereits abgelaufene Verjährungsfrist zu verlängern, und zwar mit einer relativ einfachen Form – mit dem Schuldanerkenntnis.

Das Schuldanerkenntnis ist in der Regel als eine Willenserklärung des Schuldners gegenüber dem Gläubiger definiert, mit der der Schuldner seine Schuld was deren Höhe und Grund betreffend anerkennt.

Erkennt der Schuldner seine Schuld gegenüber dem Gläubiger an, hat dies die Folge, dass es zur Erneuerung der Verjährungsfrist kommt und eine neue Verjährungsfrist zu laufen beginnt, die 10 Jahre ab dem Tag der Anerkennung beträgt. Würde der Schuldner zum Zeitpunkt des Schulderkenntnisses auch die Zeit spezifizieren, wann er seine Schuld erfüllt, beginnt die Verjährungsfrist von 10 Jahren erst ab dem letzten Tag der so bestimmten Zeit zu laufen.

Eine weitere Folge des Schuldanerkenntnisses ist die Tatsache, dass die widerlegbare Vermutung bezüglich des Bestehens der Schuld zum Zeitpunkt deren Anerkennung eintritt. Der Gläubiger muss somit weder die Entstehung der Schuld noch deren Höhe vor dem Gericht beweisen. Die Beweislast geht in diesem Fall auf den Schuldner über.

Das Schuldanerkenntnis unterliegt strengen Erfordernissen, neben der Höhe der Schuld muss die Schuld des Schuldners so spezifiziert sein, dass sie mit anderen Schulden nicht verwechselbar ist. Diese Anforderung ist insbesondere in dem Fall wichtig, wenn eine Schuld zwischen langfristigen Geschäftspartnern anerkannt werden soll, die eine Reihe von gegenseitigen Forderungen und Schulden haben.

Die gesetzliche Regelung legt ferner fest, dass die Schuldanerkennung auch auf konkludente Weise erfolgen kann, z. B. mit der Bezahlung der Zinsen, was als eine Schuldanerkennung in Höhe des Betrags gilt, von dem die Zinsen entrichtet werden.

 

Fazit

Die Verjährungsproblematik hat eine bedeutende praktische Auswirkung auf fast alle üblichen vertraglichen Geschäftsbeziehungen. Es liegt in der Verantwortung des Gläubigers, seine Forderung ordnungsgemäß und rechtzeitig einzutreiben, will er deren Verjährung verhindern. Für diesen Zweck ist es nötig sorgfältig den Beginn des Fristlaufes zu beurteilen, deren Dauer zu bestimmen und nachfolgend den Anspruch rechtszeitig vor dem Gericht geltend zu machen.

Die Rechtregelung der Verjährung beinhaltet eine Reihe von allgemeinen Regeln, von denen es jedoch zahlreiche Ausnahmen gibt. Es ist daher angebracht sich mit der Regelung wenigstens elementar vertraut zu machen und etwaige Schuldeneintreibung unverzüglich vorzunehmen.